Richtig ernähren bei Hochsensibilität

Richtig ernähren bei Hochsensibilität

(wird zur Zeit aktualisiert)

Hochsensibilität macht Menschen nicht nur offener für Reize, sondern auch ihr Darm reagiert sensibler. Zudem ist der Körper Hochsensibler anspruchsvoller. Wegen dieser Besonderheiten gibt es besondere Anforderungen an eine gute Ernährung für Hochsensible.

Hochsensibilität und Ernährung

Viele Hochsensible haben mit ihrer Ernährung und Verdauung ihre liebe Not. Wenn man die engen Beziehungen zwischen Gehirn (ZNS) und Bauchhirn (ENS) kennt, verwundert es nicht mehr, dass häufig Reizdarm, unklare Bauchbeschwerden berichtet werden. Auch Abneigungen gegen bestimmte Nahrungsmittel und Unverträglichkeiten sind weit verbreitet. Die Ernährung hat also für Hochsensible eine noch größere Bedeutung als allgemein. Um diese Zusammenhänge praxisnah darzustellen, haben wir inzwischen ein Buch hierzu veröffentlicht: Bernhard Bühr, Eva-Maria Engl M.A. – Ernährung für Hochsensible (2019, Gräfe und Unzer, ISBN 978-3-8338-3-6834-4)

Was ist Hochsensibilität?

»Hochsensibilität bezeichnet eine genetisch bedingte Besonderheit, durch die es zu einer stärkeren und anhaltenderen Aktivierung und einer überdauernden Sensitivierung kommt (vgl. Aktivierungs-Sensitivierungs-Modell). Man nimmt dadurch seine Lebenswelt deutlich detailreicher wahr und auch schwächere Umweltreize werden bewusst erfasst. Die Gewöhnung an Umweltreize ist geringer. Sie werden entsprechend penetranter oder auch berührender erlebt. Dieses Mehr an Wahrnehmung verlangt nach einer komplexeren Verarbeitung. Daraus entwickelt sich oft auch ein Lebensgefühl, wie es im Werk der impressionistischen Maler oder bei Dichtern wie Rainer Maria Rilke oder Khalil Gibran durchscheint … pastellig, poetisch, natursuchend, feinfühlend, Ästhetik und Ganzheit suchend.« (Bernhard Bühr, Eva-Maria Engl, M.A. – Ernährung für Hochsensible) Neben dem persönlichen Erleben betrifft die Hochsensibilität auch den Körper und insbesondere auch die Verdauung.

Erstmals wissenschaftlich dargestellt wurde das Konzept der Hochsensibilität 1996 durch Dr. Elaine Aron. Wir gebrauchen den Begriff der »Hochsensibilität« im Sinne der von ihr beschriebenen High Processing Sensitivity. Allerdings erweitern wir den Begriff um die körperliche Dimension. Diese körperlichen Erscheinungen der Hochsensibilität werden bislang eher allgemein als eine Art Reizoffenheit beschrieben, obwohl jeder Hochsensible sie in irgendeiner Form kennt. Wir betrachten sie als integralen Teil der Hochsensibilität

Der hochsensible Körper

Hochsensible deutlich reagieren stärker auf …

  • Dopamin-Agonisten:
    • Koffein, Alkohol, Nikotin, Drogen
    • Gluten, Milcheiweiß (Kasein)
    • Medikamente
    • Chemikalien
  • Lärm, Gerüche und psychisch belastende Umstände (innere Konflikte, Konkurrenz, …)
  • Morbidität der Nahrungsmittel (Histamingehalt, Alterung, Mykotoxine, …)
  • individuell stressende Nahrungsmittel (oft in Form von Unverträglichkeiten)

Unter Stress verstärken sich Aktivierung und Sensitivierung. Man wird empfindlicher gegenüber stressenden Nahrungsmitteln und Genussmitteln. Die Reizschwelle im Darm sinkt ab, was wiederum Entzündungsreaktionen begünstigt. Selbst kleine Reize können dann bereits Beschwerden verursachen. Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass eine stärkere und anhaltendere Aktivierbarkeit des Dopamin-Systems die Ursache-hinter-allem ist (vgl. Chunhui Chen et al. – Contributions of Dopamine-Related Genes and Environmental Factors to Highly Sensitive Personality: A Multi-Step Neuronal System-Level Approach).

Typische Erscheinungen bei vermindertem GABA (beruhigender Neurotransmitter)

Durch die stärkere Aktivierung und Sensitivierung werden auch die beruhigenden Neurotransmitter-Systeme stärker beansprucht. Nicht zufällig lesen sich die typischen Erscheinungen verminderter GABA-Spiegel wie ein Beschwerderegister der Hochsensibilität. Zugleich bessern sich zahlreiche Beschwerden von Hochsensiblen durch Heilmittel, die die Gamma-Amino-Buttersäure (GABA) erhöhen.

Typische Symptome bei erniedrigtem GABA:

  • kreisende Gedanken, Angstzustände, Schlafstörungen, depressive Zustände
  • Blutdruckstörungen
  • Blutzuckerstörungen
  • chronische Schmerzsyndrome
  • Bewegungsstörungen, Muskelverspannungen
  • Heißhunger auf Süßes
  • Empfindungsstörungen (Ameisenlaufen)
  • Riechen und Schmecken verändert
  • verbessertes Lernvermögen
  • ausgeprägtes Gedächtnis

 GABA-Spiegel erhöhen durch Ernährung und Heilkräuter

  • eine Reihe von Heilpflanzen – Jasmin, Rose, Baldrian, Grüntee, GABATee
  • eine Reihe von Nahrungsmitteln enthält GABA – angekeimter Reis, Brennnesseln, Goji
  • bestimmte Bakterien erzeugen GABA (z. B. in Kimchi) oder erhöhen den GABA-Spiegel im Körper
  • reichlich Vitamin B6 und Glutamin fördert die körpereigene Bereitstellung
  • Auch die Reduktion von Cortisol im Körper verbessert die Verfügbarkeit von GABA.
  • auch Phosphatidylserin hat sich als hilfreich erwiesen; Dieser Stoff ist ein natürlicher Bestandteil von Lezithin.

Glycin und Glyphosat

Glycin ist in mehrfacher Hinsicht elementar für den Körper. Glycin ist ein Baustein vieler Eiweiße und für deren Funktion bedeutsam. Zugleich dient es der Körperentgiftung. Hier interessiert uns jedoch vor allem die Funktion als beruhigender Neurotransmitter.

Die größte Gefahr für diese Multifunktionsmolekül geht derzeit vom Glyphosat aus. Glyphosat ist nichts anderes als ein Glycinanalogon. Dies bedeutet, dass es chemisch dem Glycin so ähnlich ist, dass es den Platz des Glycins einnimmt. Genau dieser Mechanismus führt bei Pflanzen zum Absterben. Es gibt jedoch keinen begründeten Zweifel mehr daran, dass Glyphosat auch im menschlichen Körper in die Körperproteine eingebaut wird und als Störfaktor im Neurotransmittersystem wirkt. Daneben wird auch das Mikrobiom (Darmflora) durch Glyphosat geschädigt.

Welche Ernährung bei Hochsensibilität?

Durch die überdauernde Sensitivierung ist der »hochsensible Darm« generell sensibler als gewöhnlich und neigt zu Entzündungsreaktionen. Zunächst muss die Nahrung sorgfältig gewählt werden. Achten Sie zunächst auf Qualität

  • nachvollziehbare Herkunft
  • so frisch als möglich
  • sorgfältige Erzeugung und Verarbeitung (Bio-Produkte oder gleichwertige Qualität)

Nahrungsstressoren müssen möglichst reduziert werden.

Viele Hochsensible profitieren zudem von einer gluten- und milcheiweißfreien Kost. Auch wenn keine Intoleranzen, Allergien oder Autoimmunerkrankungen vorliegen, werden teils Besserungen berichtet. Ich empfehle hier, einen gut strukturierten Kostversuch zu machen, den Sie im Ernährungstagebuch dokumentieren.

Zusammen mit einer Optimierung des Darmmikrobioms (Darmflora) kann dies bereits ausreichen, um auch Unverträglichkeiten gegen Fruktose, Sorbit, Histamin, Tyramin etc. allmählich wieder abklingen zu lassen. Ebenso bessern sich häufig chronische Schmerzzustände wie Migräne, Prämenstruelle Beschwerden, Fibromyalgie durch diese Entlastung des Körpers.

HSPs und besondere Kostformen

Viele Hochsensible entscheiden sich für eine alternative Kostform. Vor allem vegetarische bzw. vegane Kostformen sind beliebt. Vielfach wird mir berichtet, dass man sich damit einfach besser fühlt. Natürlich entspricht eine gemüsebetonte Kost den oft zierlich gebauten HSPs weit mehr. Bei diesen Menschen ist die Verdauungskraft typischerweise geringer, so dass deftige Hausmannskost und Fleisch »schwer im Magen liegen«. Leider ist eine Folge dieser Kostformen, dass dann verstärkt Milchprodukte und glutenhaltige Getreide gegessen werden.

Durch Unverträglichkeiten, Allergien und persönliche Abneigungen ist oft zudem die Nahrungsauswahl eingeschränkt. Der insgesamt hohe Bedarf an Vitalstoffen wird dadurch oft nicht gedeckt.

Auch die Küchenfertigkeiten sind nicht oft nicht ausreichend, um unter diesen speziellen Bedingungen noch Genussvolles auf den Tisch zu bringen.

In dieser Situation empfehle ich, fachkundige Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Die Kost muss die tatsächlichen Bedürfnisse abdecken und nicht nur den ethischen Ansprüchen genügen. Zu den Bedürfnissen gehört neben der Versorgung mit Vitalstoffen auch der Genuss. Genuss beim Essen ist ein wesentliches Element einer guten Kost.

Wer nicht genießt, wird mit der Zeit ungenießbar.

Auf längere Sicht wird man nur beibehalten, was man auch gerne isst. Bedenken Sie bei Ihren Überlegungen auch, dass Sie als HSP einen teilweise höheren Bedarf an Vitaminen, Mineralstoffen und Aminosäuren haben. Und Ihr allgemeines Stressniveau im Alltag ist ebenfalls hoch bedeutsam für Ihre Ernährungsbedürfnisse.

Der Tisch ist heilig!

Damit der Stresspegel im Laufe des Tages nicht immer weiter ansteigt, müssen Sie auch über Ihre Essgewohnheiten nachdenken.

Das Essen sollte zu einer Oase der Ruhe im Alltag werden. Dazu können Sie den Tisch liebevoll decken und mit kleinen Tischritualen einen geschützten Raum schaffen. Ob Sie ein Tischgebet sprechen oder eine Besinnungsminute einlegen möchten … die Hauptsache ist, Sie kommen bei sich selbst an, bevor Sie essen.

Mäßig aber regelmäßig essen. Um den Cortisolspiegel zu stabilisieren hat sich ein Mahlzeitenrhythmus von drei bis vier Stunden als optimal erwiesen. Dazu passt eine leicht verdauliche Kost, die auch so schnell verdaut wird.

Entfalten Sie Ihre eigene Esskultur und Ihre orale Selbstbestimmung. Wir sind sozusagen als Feinschmecker geboren worden und zu Allesfressern erzogen worden. Viele unserer Essgewohnheiten sind durch Erziehung, Gewohnheit, Kultur und soziale Einflüsse geprägt. Beispiele hierfür finden sich in meinem neuen Zyklus Glutenfreie Getreidealternativen. Etliches davon entspricht nicht unseren individuellen Bedürfnissen. Üben Sie sich darin, wieder die wirklichen körperlichen Bedürfnisse wahrzunehmen und sich darüber zu einer ganz persönlichen Esskultur hin zu entwickeln. Dies nenne ich inzwischen »Orale Selbstbestimmung«.

Sinnlich essen! Das Essen mit allen Sinnen entspannt zu genießen, verbindet uns mit dem Gegessenen und vertieft schließlich auch unser Gespür für das richtige Essen. Letztlich kann nur jeder für sich selbst erspüren, welches Essen für ihn gerade optimal ist. Doch dies gelingt erfahrungsgemäß am ehesten innerhalb einer günstigen Auswahl, die wir uns mit dem Verstand vorgeben.

Was kann ich noch für meine Gesundheit tun als Hochsensibler (HSP)?

  • Stressmanagement und Selbstmanagement – in Stresszeiten kann zusätzlich auf orthomolekulare Substanzen zurückgegriffen werden
  • Optimieren Sie die Versorgung mit Vitalstoffen durch Wildkräuter und -beeren sowie mit Blüten.
  • Schenken Sie der Pflege der Darmflora besondere Aufmerksamkeit.
  • Reduzieren Sie die Reizflut im Alltag wo immer möglich.
  • Reduzieren Sie den Nahrungsstress durch eine gezielte Auswahl und die Begrenzung der Zutaten einer Mahlzeit auf 3mal 5 Zutaten.
  • Entrümpeln Sie Ihr Lebensumfeld und schließen Sie die Formen, denn alles zieht Aufmerksamkeit, gleich ob unaufgeräumte Zimmer, unerledigter Papierkram, Erinnerungen an Vergangenes.
  • Behalten Sie einen Lebensrhythmus bei – stehen Sie zur gleichen Zeit auf, essen und schlafen Sie möglichst regelmäßig.
  • Begreifen Sie Ihr Leben und Ihre Ernährung als eine Einheit. Änderungen der Lebensumstände erfordern auch eine angemessene Berücksichtigung in der Kost.
  • Überdenken Sie auch die anderen Säulen einer gesunder Lebensführung – körperliche Aktivität, mentale Hygiene, Körperberührung, Sinnhaftigkeit, Sinnlichkeit, Licht.

… und weil das alles doch etwas umfassender gedacht werden muss, als es sich in einem Blogbeitrag darstellen lässt …

Mehr zu diesen Thema finden Sie in unserem Buch Bernhard Bühr, Eva-Maria Engl, M.A. – Ernährung für Hochsensible, (2019, Gräfe und Unzer, ISBN 978-3-8338-3-6834-4)

Meine individuelle Unterstützung zu diesen Themen können Sie erhalten über meine Einzelcoachings und Seminare. Vereinbaren Sie einfach ein kostenfreies Vorgespräch über das Kontaktformular.