Sauberkeit und Hygiene im Alltag

Nicht nur sauber sondern unrein – Sauberkeit und Hygiene im Alltag

Was sauber ist, ist ja wohl auch hygienisch – ist doch klar, oder etwa doch nicht?! Sauberkeit und Hygiene werden laufend gleichgesetzt und sind doch sehr verschiedene Dinge. Und Vieles, das der Sauberkeit dienen soll, ist tatsächlich recht unhygienisch. Schon über den Sinn und Zweck von Sauberkeit und Hygiene herrscht Verwirrung. Zudem hat der medizinisch-industrielle Komplex die Deutungshoheit darüber an sich gerissen. Die Thematik wird also regelmäßig verkürzt auf den Kampf gegen die »bösen« Keime. Daraus folgt geradezu abergläubisches Verhalten im Alltag. Es ist also mal Zeit für einen hygienisch-geistigen Frühjahrsputz.

Sauberkeit – wenn Materie am rechten Ort ist

Schmutz ist definiert als Materie am falschen Ort.

Schmutz ist also ein Irrläufer unserer Ordnung. Sauber ist eine Sache somit dann, wenn sie frei von solcher Irrläufer-Materie ist. Beim Putzen entfernen wir diese »falsche« Materie und stellen die Ordnung wieder her.

Ein Beispiel: Ein saftiger Obstkuchen auf dem Teller gilt als sauber. Fällt von diesem sauberen Kuchen nun etwas auf den Boden, wird es zu Schmutz. Nach der Kuchentafel gelten auch die Kuchenreste auf dem Teller als Schmutz. Selbst der Kuchenkrümel an der Lippe gilt als Schmutz, den man abwischt. Ein Lippenpiercing an gleicher Stelle hingegen gilt als ästhetisch, obschon es nur ein »Dauerkrümel« ist. Eine ganze Torte ins Gesicht zu bekommen sprengt den Bezugsrahmen und gilt als lustig. In Die Tortenschlacht (1927) inszenieren Stan Laurel und Oliver Hardy  auf liebenswürdige Art eben diese konstruierten Wirklichkeiten.

Jede Aufhebung einer gefestigten Ordnung empfinden wir also als unrichtig – und mithin auch als unsauber. Sauberkeit ist also etwas Konstruiertes und abhängig von unseren soziokulturellen Konzepten.

Einen ersten Einblick in die Konstruktion unserer Wirklichkeit finden Sie bei Olga Prieb – Konstruktivismus. Ausführliches zum Konstruktivismus bei Paul Watzlawick, diverse Titel). Weitere Einsichten über das Putzen gibt Gary Thorp in Zen oder die Kunst den Mond abzustauben, (Herder, 2001)

Sauber oder hygienisch

Hygiene umfasst Maßnahmen zur Erhaltung und Verbesserung der Gesundheit ganz allgemein.

Unter dem Aspekt der Hygiene kann man von der Nahrungsmittelhygiene über die Wohnraumhygiene bis hin zur Psychohygiene Vieles betrachten, das unsere Gesundheit beeinflusst. Das Konzept der Hygiene ist heute jedoch hochgradig vereinnamt durch den medizinisch-industriellen Komplex. Entsprechend wird aus der Gesundheitspflege ein Krieg gegen die Mikroben. Und dann wird wahllos drauf los gesprüht. Auch in Haushalt und Körperpflege wird alltäglich herumdesinfiziert … mit fatalen Folgen. Aber man muss sich doch schützen …

Teils sind wir uns noch nicht einmal bewusst, dass wir mit desinfizierenden Substanzen hantieren. So sind der Mund- und Hautpflege häufig derartige Substanzen zugesetzt. Doch wenn man gegen seine Mikrobiome Krieg führt, hat man eben auch bald harte Gesellen vor sich. Das Dilemma ist Ihnen vielleicht von den Antibiotika-Behandlungen her bekannt. Mit jeder Anwendung entgleist das Darmmikrobiom (=Darmflora) noch mehr. Das selbe Bild sehen wir bei der allgemeinen Ausbreitung resistenter Keime und der allgemeinen Mikrobiomverarmung. Diese Konzeption der Hygiene ist also völlig unzureichend.

Mikroben verstehen

Mikroben verfügen zwar jeweils nur über wenige Verwertungsmöglichkeiten. Es gibt jedoch so eine unvorstellbare Artenfülle, dass letztlich fast alles Energiehaltige von Mikroben genutzt wird. Und Mikroben sind sehr anpassungsfähig. So ist kaum ein Ort auf Erden denkbar, der nicht von Bakterien erobert worden wäre. Von der Arktis bis zu den Black Smokern werden alle Biotope von Mikroben besiedelt.

Auch wir selbst sind innen und außen mit einem Bakterienrasen überwachsen. Wir sind deshalb auch selbst große »Bakterienschleudern«. Jedes Desinfizieren brennt Löcher in unsere Bakterienrasen und schafft so viel Platz für Problemkeime. Längerfristig verschlechtert Desinfektion damit unvermeidbar die Hygiene. Zudem belasten wir uns mit den chemischen Substanzen in diesen Mitteln – ebenfalls ein erhebliches Hygieneproblem. Wir können keinen Krieg gegen die Mikroben gewinnen. Aber wir können starke Freunde gewinnen unter den Mikroben. Und Desinfizieren ist nur punktuell sinnvoll.

Starke Freunde gewinnen – Probiose statt Antibiose

In früheren Zeiten hat man Krankenzimmer mit Brotkrümeln gefegt. Es wurde mit Essig geputzt. Neuere Ansätze empfehlen, Flächen mit Essig- und Milchsäurekulturen einzusprühen. Man besiedelt Flächen gezielt mit ungefährlichen Bakteriengesellschaften. Ist ein Platz erst einmal stabil besiedelt, können Problemkeime nur noch schwer siedeln. Nach diesem Prinzip schützt uns auch das Darmmikrobiom (= Darmflora) vor Krankheitserregern. Dies ist als Kolonisationsresistenz bekannt. Wir brauchen also sogar noch mehr Bakterien statt weniger, nur eben »freundliche« Bakterien. Und wir brauchen einen inneren Diskurs über unser Verhältnis zur Ästhetik.

Sauberkeit, Hygiene und Ästhetik

Sauberkeit und Hygiene stehen in enger Verbindung mit unserer Ästhetik. Unser ästhetisches Empfinden zielt im Ursprung darauf ab, gesundheitsfördernde Umstände herbeizuführen. Ästhetik kann also aufgefasst werden als unser archaischer Hygienetrieb. Wer in der Vorzeit ein symmetrisches Gesicht hatte, hatte auch ein gesundes Mikrobiom und geeignetes Essen. Mangelernährung, Mikrobiomstörungen oder Intoleranzen verursachen nämlich Wachstumsstörungen. Schönheit war zunächst ein Vitalitätszeichen. Wer sich solche Menschen geneigt machen konnte, konnte ebenfalls von diesen Ressourcen profitieren. Inzwischen korrumpieren jedoch Kosmetik und Trendsetting dieses ästhetische Empfinden massiv.

Etwas Vergleichbares geschieht auch auf dem Teller. Wer ein Essen sorgfältig anrichtet auf einem sauberen Teller, hat es wahrscheinlich auch sorgfältig gekocht. Liebevoll angerichtetes Essen schmeckt uns sogar besser. So tief ist dieses Muster eingegraben. Doch auch hier wird unser archaisches Hygieneempfinden korrumpiert. Fertigprodukte sehen alle toll aus. Vielfach sind sie jedoch absolut minderwertig.

Als Hochsensibler bin ich beispielsweise immer wieder befremdet über spülmittelparfümiertes Geschirr, gereinigt mit miefenden Spülschwämmen und -bürsten. Strahlend sauber und sehr unhygienisch.

Geschirrspülmittel bzw. Klarspüler hinterlassen einen Film auf dem Teller, den wir dann mitessen. Diese Mittel reduzieren die Oberflächenspannung und schädigen dadurch unsere Darmbakterien. Also einfach auf Klarspüler verzichten. Ein bisschen weniger Geschirr-Strahlen bringt viele glückliche Bakterien im Bauch.

Kunststoffschwämme, Schwammtücher, Bürsten sind wahre Mikrobenbrutanstalten. Sie bleiben zu lange feucht und so können sich Fäulniserreger rasend vermehren. Diese problematischen Keimgesellschaften verteilen wir dann beim Abspülen über das Geschirr. Weitaus hygienischer sind waschbare textile Spültücher, die häufig gewechselt werden.

Wenn desinfizieren, dann richtig

Aus dem geschilderten Stand der Dinge heraus empfehle ich, im Haushalt Desinfektionsmittel nur in Ausnahmefällen anzuwenden. Wenn Sie jedoch desinfizieren wollen, dann richtig.

Benutzt man Desinfektionsmittel, dann ist die Anwendungszeit kritisch wichtig. Mit üblichen Desinfektionsmitteln müssen Sie eine ganze Minute lang einen Feuchtigkeitsfilm erzeugen, damit die Wirkung gegeben ist. Und eine Minute kann echt lang sein! Nur kurz mal etwas einreiben schadet nur der Gesundheit und bringt nichts. Halbherzige Anwendungen von Haut- und Flächendesinfektionsmitteln sind ein wesentlicher Grund für die Ausbreitung von Problemkeimen. Das ist nicht nur in Krankenhäusern so, sondern gilt auch zu Hause.

Geräteaufbereitung – desinfizieren, reinigen, sterilisieren

Geräteaufbereitung – sollten Sie Gerätschaften, z. B. für die häusliche Pflege, hygienisieren wollen, dann halten Sie sich an das Schema: desinfizieren – reinigen – (sterilisieren).

Dieses Grundschema der medizinischen Instrumentenaufbereitung dient dem Selbstschutz wie auch der Wirksamkeit. Dabei ist es ausdrücklich so, dass zuerst desinfiziert wird, also die Keime abgetötet werden. Das schützt Sie selbst vor Infektionen und vermeidet Keimverschleppung. Erst dann reinigt man die Instrumente. Und abschließend sterilisiert man sie.

Wenn in Ihrem Haushalt Immungeschwächte oder ansteckende Infizierte leben, mag es punktuell notwendig sein, eine Händedesinfektion zum machen. Am besten haben Sie dann Wandspender montiert. Hier wird allgemein zuerst Waschen mit Waschlotion, dann Desinfizieren und ggf. Handschuhe empfohlen. Für Küchenarbeiten sollte jedoch die Desinfektion nochmals abgespült werden.

Le germe n’est rien, le terrain c’est tout. (Claude Bernard)

Louis Pasteur (1822-1895) vertrat die Auffassung, dass die Mikroben die Infektionen verursachen und deshalb bekämpft werden müssten. Diese Auffassung wird heute täglich wiedergekäut im Dienste der chemischen Industrie. Dabei war diese Auffassung schon in der Entstehung ein Wissenschaftsbetrug. 1964 wurden Dokumente veröffentlicht, die belegen, dass Pasteur Studienergebnissen manipulierte. Auch heute ist es »Business as usual« (der gewohnte Geschäftsgang), dass Studienergebnisse manipuliert werden, um Zulassungen zu erwirken.

Claude Bernard und Pierre Béchamp hatten einen weiteren Blick und verstanden, dass die Lebensbedingungen (das Milieu) ganz entscheidend dazu beitragen, ob wir Freund oder Feind vor uns haben. Über längere Zeit ist es sehr viel leichter, Hygiene über Milieufaktoren zu erreichen.

Kontaminationshygiene – die Abwesenheit von Schadstoffen

Hygiene beschränkt sich keineswegs auf Mikroben und Krankheitserreger. Auch natürliche und synthetische Schadstoffe sind Gegenstand der Hygiene. Dabei verbreiten wir diese Schadstoffe oft selbst. Das ist deshalb ein Glück, weil wir deshalb auch selbst etwas ändern können.

Ein Beispiel: Ein Teller wird im Geschirrspüler wohl sauber. Der Klarspülfilm auf dem Teller jedoch ist unhygienisch, denn er schädigt das Darmmikrobiom (= Darmflora). Prinzipiell sind alle Stoffe, die die Oberflächenspannung herabsetzen, für unsere Mikrobiome (Haut, Darm, Intim) Problemstoffe.

Noch ein Beispiel: Wasser aus der Flasche ist zwar sauber. Aber die Weichmacher aus der PET-Flasche sind gesundheitsgefährdend. Auch das ist Unhygiene.

Händedesinfektion gilt als Hygienemaßnahme. Doch schädigt die Desinfektion die gesunde Hautflora und fördert sogar die Entstehung neuer Problemkeime. Deshalb ist die Maßnahme im Alltag nicht hygienisch. Im medizinischen Bereich trägt sie dann zur Hygiene bei, wenn sie mit Konsequenz und Sachkunde angewandt wird.

Es werden die gewinnen, die wir füttern

Wir werden weiter mit Krankheitserregern leben. Der enge Zusammenhang zwischen Lebensumständen und Krankheitsverläufen ist gut erforscht. Durch die COVID-19-Pandemie wird dies nur sehr deutlich sichtbar. Wieder einmal. Und die nächste Pandemie kommt bestimmt.
Wir müssen uns also grundsätzlich darum bemühen, unsere Vitalität zu stärken. Die Mikrobiompflege ist eine wesentliche Säule für die Vitalität. Je artenreicher ein Mikrobiom ist, desto besser schützt es. Nun finden wir in Deutschland durchgängig eine deutliche Verarmung des Mikrobioms.

Als Standardlösung werden immer noch Probiotika angepriesen. Leider können diese Produkte die Mikrobiomverarmung nicht ändern, denn sie enthalten die falschen Arten. Die Präparate enthalten Milchsäurebildner (Laktobakterien, Bifidobakterien). Diese können Die Leitflora des Menschen sind jedoch die Butyratbildner. Was tun?! Meine Empfehlung ist, sich diese Bakterien dort zu holen, wo unsere Urahnen sie auch gefunden haben: direkt in der Natur. Mehr zum Wie und Wo fasse ich in Kürze im Beitrag Mikrobiompflege – Das 100-Pflanzen-Projekt zusammen. (Beitrag in Kürze verfügbar).