Essen ist mehr als Ernährung

Essen ist mehr als Vitamine  & Co.

Niemand ernährt sich – wir essen. Und Essen ist mehr. Ernährung erklärt uns die Wirkung von Einzelsubstanzen. Wir essen jedoch komplexe Mahlzeiten und dies geschieht auch stets in einem sozialen Kontext. Von der Muttermilch an begleiten Gefühle und Stimmungen unser Essen. Als Kinder hinterfragen wir dies nicht und als Erwachsene werden wir uns dessen oft kaum noch gewahr.

Forschungen fördern immer neue Details dazu ans Licht, auf welchen Wegen unser Essen unser Gefühlsleben beeinflusst. Umgekehrt beeinflusst unser Empfinden auch unsere Verdauung. Zum Glück weitaus weniger. Dennoch: unser tägliches Erleben ist in Wirklichkeit eingefärbt vom Wechselspiel zwischen Gefühlen und Nahrungsmitteln. So manche schlechte Laune ist tatsächlich dem Essen geschuldet.

Junk Food macht depressiv! Darmbakterien gegen Angst und Depression! Getreide – Opium fürs Volk? so und ähnlich titelten die Medien im letzten Jahr. Studien der letzten Jahre zeigen immer komplexere Beziehungen zwischen dem Essen, Verdauung und unserem Erleben.

 

Histamin – weshalb man sich vor Angst in die Hosen macht

Ein Beispiel: Histamin ist zunächst ein Neurotransmitter, der im Gehirn aktivierend wirkt. Dieselbe Funktion erfüllt er auch im Darm. Ja, durchaus – unser Darm hat Intelligenz und dort spielen sich dieselben Prozesse ab wie im Gehirn. Darunter auch die Signalübertragung mit Neurotransmittern wie Histamin. Zusätzlich wirkt das Amin auch auf die glatte Muskulatur und löst dort Krämpfe aus. Und neben anderem vermittelt Histamin Entzündungen.

Führt man diesen Stoff mit dem Essen zu oder löst man seine Freisetzung im Darm aus, kommt es zu Reaktionen der Darmnerven. (Die Liste möglicher Zutaten finden sich unter Histaminose.) Und weil das Bauchhirn seine Information an den Kopf weitergibt, werden wir hibbelig, überdreht, flau, schwitzig. Den umgekehrten Weg beschreiten wir bei der Prüfungsangst. Hier löst unsere Angst die Verdauungsstörung aus. In beiden Fällen machen wir uns unter Umständen tatsächlich „vor Angst in die Hosen“ wegen der krampfenden Darmmuskulatur. Bei einer entgleisten Darmflora – auch sie schüttet viel Histamin aus – kann das schnell zum auslaugenden Dauerzustand werden. Nun legen Experimente nahe, dass es auch umgekehrt funktioniert. Mit den richtigen Bakterien im Bauch kann man wohl Angst und depressive Zustände bessern.

 

Alles gar nicht neu!

Doch so neu sind diese Erkenntnisse gar nicht. Edward Bach – Erfinder der Bachblüten – arbeitete bereits Anfang des 20. Jahrhunderts an der Thematik und befand, dass sich die Darmflora mit dem Gemütszustand verändere.

Doch dieses Wissen lässt sich über viele Jahrhunderte und Kulturen zurückverfolgen, z. B. zu den Taoisten und Chi Nei Tsang. Dort werden die Auswirkungen von Emotionen mit Bauchmassagen behandelt. Und in spirituellen Traditionen ist man sich seit jeher bewusst über den Zusammenhang von Essen und Gemüt. Daraus sind detaillierte Ernährungsempfehlungen erwachsen. So empfehlen östliche Lehren eine vegetarische Kost auch aus dem Wissen, dass Fleisch uns unruhig machen kann und so der Meditation im Wege steht.

 

Essen ist mehr … Klarheit

Unmittelbar erlebbar wird der Zusammenhang beim Fasten. Ist erst der anfängliche „Entzug“ von unseren Alltagsdrogen überstanden, öffnet uns das Fasten für subtile Wahrnehmungen bis hin zu spirituellen Erfahrungen. Wir erleben eine wunderbare innere Klarheit und Leichtigkeit. Seit Jahrtausenden wird das Wissen darum genutzt, um gute Entscheidungen zu treffen und als Vorbereitung auf Einweihungen. Warum erleichtern Sie sich nicht demnächst anstehende Entscheidungen mit diesem Weg?

 

Essen ist mehr … Bewusstes Sein

Je bewusster wir für die Wirkungen unserer Nahrungsmittel auf unser Denken und Fühlen werden, um so eher können wir gut für uns sorgen.
Beispielsweise verleiht uns dunkles Fleisch mehr Bodenhaftung und Kampfgeist. Das verhilft besonders bei yinbetonter Veranlagung zu mehr Bodenständigkeit und besserer Selbstbehauptung im Alltag. Umgekehrt trägt ein Übermaß an Fleisch viel zu unserer „Ellbogenmentalität“ bei und die Bodenhaftung wird zu bleierner Trägheit. Reif fürs Coachsurving! Mit einer gemüsereichen Kost wird der Geist beweglicher – ein Segen für alle Kopfarbeiter. Aber wer sich schließlich in seinen Ideen verliert, verliert auch seine Mitte.

 

Essen ist mehr … Achtsamkeit

Nicht neuerliche „-ismen“ sind das Tor zum Selbst sondern Achtsamkeit und Selbstbeobachtung. So wandelt sich die Problemzone Essen zu einer Kernressource.

Ich wünsche Euch einen spannenden Dialog mit Eurem Bauchhirn

Bernhard Bühr