Glutenfreies Essen macht krank – Healthwashing oder ein wirkliches Risiko?
Da ich Hochsensiblen und anderen Darmempfindlichen immer wieder eine glutenfreie bzw. glutenarme Ernährung ans Herz lege, muss ich geradezu Stellung beziehen zu aktuellen Veröffentlichungen, in denen eine glutenfreie Ernährung mit Gesundheitsrisiken in Verbindung gebracht wird. Macht glutenfreies Essen wirklich krank oder geht es einmal mehr um ein Healthwashing für Weizen & Co.?
Bei diesem Thema setzt sich mir sogleich ein alter Song von Sting ins Ohr – Fields Of Gold (Goldene Felder). Auch beim Thema »glutenfrei krank« leuchten die Dollars mit den goldenen Kornfeldern um die Wette. Während der Songtitel höchst passend mit der Doppeldeutigkeit von Geld und Getreide spielt, geht es in dem Lied selbst um Erinnerung und Liebe. Genieße also diese wunderschöne Rockballade, während Sie weiterlesen.
Essen wir uns glutenfrei krank?
Jahrelang geißelte man Gluten als »das tägliche Gift«. Nun tauchen immer neue Studien auf, die die glutenfreie Ernährung in Zweifel ziehen. Die Veröffentlichungen gleichen sich weitgehend. Sie stammen aus den USA oder China, sie errechnen ein statistisches Risiko ohne eine Ursachenkette aufzuzeigen, und sie schließen in Aussagen … so schwammig wie glutenfreies Brot. Mal sind es Herz-Kreislauf-Erkrankungen, mal Diabetes. Auch das Mikrobiom könne sich verändern. Doch über Nacht wird in märchenhafter Weise aus diesem leeren Stroh Pressegold gesponnen. Wir essen uns glutenfrei krank! Wirklich???
Nun ja, wenn man quadratkilometerweise Weizen anbaut, hat man ein vitales Interesse an einer guten Reputation glutenhaltiger Getreide. Und dieses Ansehen hat in den letzten Jahren doch sehr gelitten. In Amerika soll sich inzwischen rund ein Drittel der Bevölkerung glutenfrei ernähren. Vor diesem Hintergrund dienen diese Studien sehr eindeutig einem Healthwashing für den Weizen. Dennoch möchte ich die Vorbehalte nicht vom Tisch wischen, denn da steckt auch ein großes Korn Wahrheit in diesen Studien. Trennen wir also die Spreu vom Weizen.
Glutenfrei und Diabetes
»Gluten intake is inversely associated with type 2 diabetes risk among largely healthy US men and women. Limiting gluten in the diet is associated with lower intake of cereal fibre and possibly other beneficial nutrients that contribute to good health.« (Geng Zong et al. – Gluten intake and risk of type 2 diabetes in three large prospective cohort studies of US men and women)
»Die Glutenaufnahme ist umgekehrt assoziiert mit dem Typ 2-Diabetes-Risiko unter weitgehend gesunden US-amerikanischen Männer und Frauen. Gluten in der Ernährung zu beschränken ist verknüpft mit einer geringeren Aufnahme von Getreidefasern und möglicherweise anderen nützlichen Nährstoffen, die zu einer guten Gesundheit beitragen.« (Übers. v. Verf. d. Beitr.)
Dass man weniger Getreidefasern aufnehmen würde durch eine glutenfreie Ernährung, verweist auf einen wesentlichen Umstand, der auch in anderen Studien zutage tritt. In der Studie wird eine konventionelle glutenfreie Kost gegen eine Normalkost bzw. gesundheitsbewusste Kost geprüft. Ein kurzer Realitätscheck in regionalen Märkten offenbart die Misere. Überall borden die Glutenfrei-Regale über mit den gelb-roten Packungen des italienischen Marktführers. Und das ist so, weil das auch gekauft wird! Der Inhalt der Packungen besteht vorwiegend aus Stärke und Auszugsmehl (Reis, Mais). Nun ist es ja allgemein akzeptiert, dass eine Ernährung mit Weißmehl eine Mangelernährung ist. Auch die glutenfreie Variante ist mithin eine Mangelernährung. Damit ist sie auch mit denselben Gesundheitsgefahren verbunden wie jede andere Junk Food-Ernährung. Vielleicht ist sie sogar noch ungesünder. Es gibt also ein grobes Missverständnis, wie eine glutenfreie Kost aussehen sollte.
Eine empfehlenswerte glutenfreie Kost
Als glutenfreie Kost empfehle ich seit jeher eine Kost aus natürlich glutenfreien Zutaten wie Buchweizen, Hirse, Quinoa, Amaranth, Kartoffeln, Hülsenfrüchten usw. Legt man diese Nahrungsmittel zugrunde, so kann man unschwer errechnen, dass man damit sogar mehr Ballaststoffe und wertgebende Inhaltsstoffe aufnimmt als mit einer glutenhaltigen Kost.
Doch reicht das als Erklärung?
Grundsätzlich stehen die Studienaussagen von Geng Zong et al. auch gegen die Realität, dass in Asien mehr als eine Milliarde Menschen seit Generationen mit Reis lebt. Auch viele andere Kulturen haben eine traditionell natürlich glutenfreie Kost. In Studien wird diesen Menschen immer wieder eine ausgezeichnete Gesundheit bescheinigt.
Selbst in den WHO-Statistiken rangieren die entsprechenden Zahlen im glutenliebenden Deutschland ganz erheblich vor China und anderen Reisländern. Die Wirklichkeit widerspricht damit den Studien.
- China 33 % Herz-Kreislauf-Tote, 20 % Krebs, 1 % Diabetes (Quelle WHO The Impact of Chronic Desease in China www.who.int/chp/chronic_disease_report/media/china.pdf)
- Deutschland 47 % Herz-Kreislauf-Tote, 27 % Krebs, 3 % Diabetes (Quelle WHO The Impact of Chronic Desease in Germany www.who.int/chp/chronic_disease_report/germany.pdf)
Doch die Wirklichkeit in diesen traditionell geprägten Regionen ist auch, dass täglich frisch zubereitete Mahlzeiten aus naturnahen Produkten gegessen werden. Die Nahrung wird durch Wildsammlung ergänzt. Tierische Nahrungsmittel kommen nicht aus Mastbetrieben. Hochverarbeitete Produkte spielen keine nennenswerte Rolle. Und dort, wo die Esskultur verwestlicht, mäht alsbald der Herztod die Menschen wie Garben dahin. Nur mit einer genussvollen und gesunden glutenfreien Kost entgehen wir seiner Sense.
Als Einladung in die Welt gesunder glutenfreier Genüsse zeige ich Dir meinen Brotklassiker im Blogbeitrag Bernhard’s Buchweizenbrot.
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